Zwei Klassenbücher aus der Dorfschule in Kuschkow
Familie Scheibe bewahrte auch zwei Klassenbücher auf und stellte mir
diese, wie auch schon vorher die Schulchroniken, zum Abfotografieren zur
Verfügung, wofür ich ihnen sehr dankbar bin. Die Seitennummerierung
weist einige Sprünge auf, entspricht aber der des jeweiligen Klassenbuches.
Neugierig versuchten wir als Schulkinder bei jeder Gelegenheit, einen
Blick in das Klassenbuch zu werfen. Interessant ist es noch immer. Als
Dokumente zum Bildungssystem der DDR-Zeit mit Stundenplänen, Stunden-
und Wochenberichten, den Lernstoffen und natürlich den Zensuren sind die
Klassenbücher inzwischen auch historisch interessant. Sie stammen aus
der Zeit, als in Kuschkow zwei Schuljahre gleichzeitig in einem Klassenraum
von einem Lehrer unterrichtet wurden. In Kuschkow gab es die Varianten 1.
und 2. Schuljahr = Klasse I sowie 3. und 4. Schuljahr = Klasse II ‒ oder
‒ 1. und 3. Schuljahr = Klasse I sowie 2. und 4. Schuljahr = Klasse II.
Während sich der Lehrer mit dem einen Jahrgang mündlich befasste, wurde
der andere Jahrgang schriftlich beschäftigt. Es war mitunter interessanter,
dem Unterricht der anderen Schüler zuzuhören, als sich mit der aufgegebenen
schriftlichen Arbeit des eigenen Jahrgangs zu befassen.
1946 trat das "Gesetz zur Demokratisierung der deutschen Schule" für
alle deutschen Länder in der sowjetischen Besatzungszone in Kraft. In § 3 waren
die Grundsätze für Aufbau und Gliederung der demokratischen Einheitsschule
festgelegt:
1. Vorstufe (Kindergarten): Der Kindergarten gilt als vorschulische
Erziehungseinrichtung. Er hat die Aufgabe, die Kinder zur Schulreife zu führen.
2. Grundstufe (Grundschule): Bei vorhandener Schulreife treten alle Kinder, die
drei Monate vor Beginn des Schuljahres das 6. Lebensjahr vollendet haben, in
die Grundschule ein.
3. Die Grundschule ist obligatorisch. Sie umfasst 8 Klassen, in denen Deutsch,
Geschichte, Heimatkunde, Geographie, Biologie, Physik, Chemie, Mathematik,
Fremdsprachen, Kunst- und Werkunterricht, Musik und Leibesübungen unterrichtet
werden. ...
In der Kuschkower Grundschule wurden nur die ersten vier Schuljahre
unterrichtet (Unterstufe), danach wechselten die Kinder auf Schulen in den
Nachbarorten, dort wurde die Grundschulausbildung bis zum achten Schuljahr
fortgesetzt (Oberstufe). In dieser Zeit war das einfache DDR-Schulsystem
gegliedert in Grundschule (Schuljahre 1-8) und Mittelschule (Schuljahre
9-10), Abschluss mit der "Mittleren Reife". Dieses System galt
bis 1959, erst danach wurde die allgemeine Schulpflicht von acht auf
zehn Jahre erweitert und die Polytechnische Oberschule (POS) als neuer
Schultyp eingeführt.
Die folgenden Bilder zeigen den Inhalt der beiden erhaltenen Klassenbücher
aus Kuschkow jeweils in chronologischer Reihenfolge, teils aber nur beispielhaft
bzw. auszugsweise. Jedes Bild kann angeklickt werden zur Vergrößerung auf ein
lesbares Bildformat. Die handschriftlichen Eintragungen der Lehrer sind allerdings
meist sehr undeutlich, besonders die Wochenberichte sind schlecht lesbar. In
beiden Fällen handelt es sich um Klassenbücher für jahrgangsübergreifende Klassen,
wie sie in der frühen DDR-Zeit für die Grundschulen besonders im ländlichen Raum vorgegeben waren.
Jahrgang 1950/1951
Klassenbuch der Grundschule Kuschkow, 1. und 2. Schuljahr, Klasse I
Zuerst sehen Sie das Klassenbuch des Jahrgangs 1950/51 mit dem
vorderen Einband, der inneren Titelseite sowie dem hinteren Einband.
Danach folgen die Seiten mit den Eintragungshinweisen, dem Verzeichnis
der Lehrkräfte sowie das Schülerverzeichnis. Leider ist Tinte über die
ersten Seiten gelaufen, so dass einzelne Wörter nicht mehr lesbar sind.
Lehrkräfte zu dieser Zeit waren die Lehrer Wolfgang Strempel, Pilz und
Alfred Lillack. Schüler in diesem Jahrgang waren die folgenden Kuschkower
Kinder (Namensnennung in der Reihenfolge gemäß Schülerverzeichnis):
Elfriede Burdack, Christel Duhring, Walter Fürch, Siegfried Gerasch,
Hannelore Ibscher, Bernd Schmidt, Herbert Tatschner, Ingrid Wilke,
Walter Bubinicek, Sigrid Dillan, Gerhard Golinski, Bernd Jähns,
Hans-Joachim Jäzosch, Regina Jäzosch, Arthur Köppel, Marianne Klopsch,
Rohland Liebisch, Astrid Matschei, Erika Pahl, Wolfgang Pahl, Manfred
Piater, Edelgard Poch, Heidrun Rettschlag, Karin Scheel, Gudrun Schulz,
Horst Schulz, Renate Rattei, Karlheinz Zink, Werner Zippel, Hannelore
Tatschner.
Die nächsten vier Bilder zeigen die Seiten mit den Eintragungen der
Zensuren für schriftliche Arbeiten in den Unterrichtsfächern
Deutsch (oben links), Rechnen (oben rechts), Schreiben (unten links) und
Zeichnen (unten rechts). Wie man inzwischen weiß, haben auch die Kinder, welche
gelegentlich mal eine schlechte Note bekamen, später ihr Leben gemeistert:
Es folgen zwei Beispielseiten für die Eintragung der Fehltage,
z.B. durch Krankheit der Schüler. Links die Seiten mit den Fehltagen für
Dezember 1950 / Januar 1951, rechts die Seiten für April 1951 / Mai 1951. Im
April hat es sehr viele Krankheitstage gegeben:
Es folgen Beispielseiten mit den Stunden- und Wochenberichten,
jeweils für das 1. und 2. Schuljahr, Klasse I, 1950/51, niedergeschrieben und
signiert von den Lehrern Strempel und Pilz:
oben links: Monat September 1950, Woche vom 18.9. - 23.9.; oben rechts: Monat
September 1950, Woche vom 25.9. - 30.9.;
unten links: Monat Oktober 1950, Woche vom 2.10. - 6.10.; unten rechts: Monat
Oktober 1950, Woche vom 9.10. - 14.10.
Auf jeder Seite findet man in der linken Spalte die Unterrichtsfächer für
Grundschulen mit vier Schuljahren, gegliedert in die Hauptfächer und diese
teilweise wieder untergliedert in Arbeitsgebiete bzw. Sachthemen:
1. Deutsch (Lesen, Gedicht, Ausdrucks-Übung, Rechtschreibung, Sprachlehre, Schreiben, Schriftliche Arbeit)
2. Anschauung / Heimatkunde
3. Rechnen
4. Musik
5. Zeichnen / Werken
6. Nadelwerkarbeit
7. Körperliche Erziehung
Es folgen weitere Beispielseiten mit den Stunden- und Wochenberichten,
jeweils für das 1. und 2. Schuljahr, Klasse I, 1950/51, niedergeschrieben und
signiert von Lehrer Alfred Lillack:
oben links: Monat Mai 1951, Woche vom 14.5. - 19.5.; oben rechts: Monat
Mai 1951, Woche vom 21.5. - 26.5.
unten links: Monat Mai/Juni 1951, Woche vom 28.5. - 2.6.; unten rechts: Monat
Juni 1951, Woche vom 4.6. - 9.6.
Abschließend links die letzten Seiten mit dem Stunden- und Wochenbericht
für das 1. und 2. Schuljahr, Klasse I, 1950/51, niedergeschrieben und signiert von Lehrer
Alfred Lillack, Monat Juli 1951, Woche vom 2.7. - 7.7. Das rechte Bild zeigt die
Doppelseite mit der Klassenchronik für das Schuljahr 1950/51, hier
sollten besondere Veranstaltungen und Ereignisse eingetragen werden. Der Texteintrag
hat folgenden Inhalt:
"Am 1. Dezember 1950 übernahm Lehrer Lillack den Unterricht in der
Unterstufe.
Am 13. Dezember 1950 gedachten wir des Gründungstages der F.D.J. Der
Bürgermeister eröffnete die Elternversammlung vom 19. Dez. mit einer
Ansprache, in der er auf die enge Verbundenheit mit der Sowjet-Union
hinwies. Kollege Golombek verschönerte die Feier mit russischen Liedern
und warb für die D.S.F. und die Pioniere. Der neue Lehrer wurde
eingeführt und brachte seine Wünsche vor. Eine rege Aussprache schloß
sich an.
Im Mittelpunkt unserer Stalinfeier am 21. Dezember 1950 stand die
Rundfunkübertragung. Die Feier schloß mit der Nationalhymne.
Die Winterferien dauern vom 22. Dezember 1950 bis zum 1. Januar 1951.
Am 30. April 1951 wurde für die ersten vier Schuljahre eine Maifeier
veranstaltet, die von Mailiedern und -gedichten umrahmt wurde. Am 8. Mai
1951 gedachten wir der Befreiung Deutschlands durch die Rote Armee.
Das Kinderfest am 1. Juni 1951 begann mit Spielen. Auf die Bewirtung mit
Kaffee u. Kuchen durch die D.F.D. erfolgte die Vorführung eines Filmes.
An das Abendessen der Kinder schlossen sich Kreisspiele und Volkstänze an.
Den Beschluß bildete ein Fackelzug durchs Dorf."
Jahrgang 1954/1955
Klassenbuch für Zweistufenklassen, Grundschule Kuschkow, Klasse 1 und 3
Es folgt das Klassenbuch des Jahrgangs 1954/55 mit dem vorderen Einband, der
inneren Titelseite sowie dem hinteren Einband. Danach zweimal die Seiten
mit den Stundenplänen ab 1.9.1954 bis 18.12.1954 (linkes Bild) sowie ab
6.9.1954 bis 23.3.1955 (rechtes Bild). In dieser Zeit wirkten an der
Schule mindestens 5 verschiedene Lehrkräfte (teils nur aushilfsweise),
unter anderen die Lehrer Martin Kittler, H. Rihn und Gerhard Scheibe.
Nach den Angaben auf Seite 9 im Klassenbuch gab es mit Stand vom
10.1.1955 insgesamt 15 Schüler, davon 9 Knaben und 6 Mädchen. Unter
diesen Schülern waren 13 Arbeiter- und Bauernkinder, nur 1 Schüler war
Mitglied von FDJ oder JP (Freie Deutsche Jugend / Junge Pioniere; in
dieser Altersgruppe kann es sich aber nur um Junge Pioniere gehandelt
haben, für die Mitgliedschaft in der FDJ galt ein Mindestalter von 14 Jahren).
Schüler in diesem Jahrgang waren die folgenden Kinder (Namensnennung in der
Reihenfolge gemäß Schülerverzeichnis):
Klasse 3: Helga Brunn, Hadomuth Dillan, Marianne Fronhöfel, Ruth Jäzosch,
Norbert Kausche, Hans-Werner Meyer, Manfred Piater.
Klasse 1: Reinhard Feldner, Gerhard Conrad, Walter Ibscher, Hartmut Kausche,
Ilse Jäzosch, Annelie Müller, Gerhard Nawroth, Horst Guttke.
Die nächsten Bilder zeigen die Seiten mit den Zensuren für
schriftliche und mündliche Leistungen. Bewertet wurden folgende Kategorien
(Aufzählung und Abbildungen gemäß Seitenfolge im Klassenbuch): Lesen, Gedicht,
Nacherzählung, Diktat, Aufsatz, Grammatik, Rechnen (mündlich), Rechnen (schriftlich),
Körpererziehung, Zeichnen, Musik und Betragen. Am Betragen hat es offenbar
gehapert, es muss wohl unter den Dorfkindern ziemliche Rabauken gegeben
haben, die sich schlecht zähmen ließen:
Es folgen Beispielseiten mit den Stunden- und Wochenberichten
für das Schuljahr 1954/55, Klassen 1 und 3, niedergeschrieben und
signiert von Lehrer Martin Kittler (die Wochenzählung ist hier nicht
nachvollziehbar, die Seitennummern jedoch fortlaufend):
oben links (Seiten 124/125): 6. Woche vom 4.9. - 9.9.;
oben rechts (Seiten 126/127): 7. Woche vom 11.10. - 16.10.1954
unten links (Seiten 128/129): 8. Woche vom ..............;
unten rechts (Seiten 130/131): 9. Woche vom 1.11. - 6.11.1954
Jeweils auf der rechten Seite ganz unten findet man gedruckt die
offizielle Tabelle mit den Hauptfächern für den Unterricht in
Grundschulen mit Zweistufenklassen; diese Hauptfächer wurden dann
teilweise noch untergliedert in verschiedene Arbeitsgebiete bzw.
Sachthemen. Im Gegensatz zum Klassenbuch von 1950/51 sind hier
jedoch keine Untergliederungen vorgegeben. Ob die Wahl der Themen
z.B. im Deutschunterricht den jeweiligen Schulen überlassen war,
ist deshalb unklar. Aus den Niederschriften in den Klassenbüchern ergibt sich:
1. Deutsch (Lesen, Schreiben, Schönschreiben, Gedicht, Nacherzählung, Diktat, Aufsatz, Grammatik)
2. Rechnen (mündlich, schriftlich)
3. Körpererziehung
4. Musik
5. Zeichnen / Kunsterziehung
6. Nadelarbeit (nur 3. Klasse)
Es folgen weitere Beispielseiten mit den Stunden- und Wochenberichten
für das Schuljahr 1954/55, Klassen 1 und 3, niedergeschrieben und signiert von
verschiedenen Lehrern, anfangs von Gerhard Scheibe:
oben links: 31. Woche vom 2.5. - 7.5.1955; oben rechts: 32. Woche vom 9.5. - 14.5.1955
unten links: 33. Woche vom 16.5. - 21.5.1955; unten rechts: 34. Woche vom 23.5. - 26.5.1955
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